Fachwissen

Physiologie und Pathologie

Sabine Anthuber

aus korasion Nr. 2, Mai 2009

Die Menstruation ist Ausdruck der normalen weiblichen Gesundheit und der reproduktiven Fähigkeit. Die Pubertätsentwicklung verläuft beim Mädchen gleichförmig. Eine Longitudinalstudie aus Deutschland ermittelte den Beginn der Brustentwicklung mit 10,9 Jahren, die Menarche mit 12,7 Jahren, durchschnittlich 2,2 Jahre nach der Th elarche. Das Menarchealter korreliert invers mit dem Body-Mass-Index. Je höher der BMI, desto früher die Menarche.

Wie bei ausbleibender Menarche zu verfahren ist

In der ersten Zeit nach der Menarche finden sich gehäuft anovulatorische Zyklen, insbesondere im Intervall zwischen erster und zweiter Menstruation. Einer WHO-Studie zufolge hatten 38 Prozent der untersuchten Mädchen einen ersten Zyklus von mehr als 40 Tagen. Bitzer zeigte 2002, dass 38 Prozent der 14- bis 22- jährigen Jugendlichen einen immer gleichen Zyklus aufwiesen, 54 Prozent einen meistens und acht Prozent einen selten gleichen. Sind seit der Menarche jedoch mehr als zwei Jahre vergangen, sollte der Zyklus regelmäßig sein. Kommt es 2,5 Jahre nach der Th elarche nicht zur Menarche, ist eine Fehlbildungen ausschließende Diagnostik erforderlich. Bei einer asymptomatischen, schmerzfreien Patientin ist in erster Linie an eine Uterus- und Vaginalaplasie zu denken. Diff erentialdiagnostisch kommt ein MRKH oder Formen des Androgeninsensitivitätssyndroms in Betracht, symptomatische Verschlussfehlbildungen können eine Hymenalatresie oder ein queres Scheidenseptum sein. Das diagnostische Vorgehen bei primärer Amenorrhö muss die gynäkologische und sonografi sche Untersuchung umfassen.

Das juvenile PCO-Syndrom – ein multifaktorielles Krankheitsbild

Endokrinologische Ursachen kommen eher bei sekundärer Amenorrhö in Betracht. Sie können hyperandrogenämisch (PCOS, AGS), hypothalmisch- hypogonadotrop (z.B. Essstörungen), idiopathisch hypergonadotrop (z.B. Gonadendysgenesie), hyperprolaktinämisch sowie hypo- oder hyperthyreotrop bedingt sein. Das juvenile PCO-Syndrom betriff t je nach Literaturangabe acht bis 28 Prozent aller Jugendlichen. So haben ein Drittel aller Mädchen mit Zyklusstörungen ein PCOS. Typische klinische Anzeichen wie Zyklusstörungen, Gewichtszunahme, Adipositas, Akne und Hirsutismus werden jedoch fälschlicherweise oft als „normale“ Pubertätsentwicklung eingestuft. Die Diagnostik bei Zyklusstörungen mehr als zwei Jahre nach der Menarche oder bei eindeutigen klinischen Zeichen umfasst den ACTH-Kurztest, den Dexamethasonhemmtest zum Ausschluss eines androgenproduzierenden Tumors sowie einen OGTT mit Insulinresistenztestung. Die Th erapie des juvenilen PCOS setzt sich aus Gewichtsreduktion, Ernährungsumstellung, Sport, Insulinsensitizern und antiandrogenen Ovulationshemmern, selten zusätzlich Androgenrezeptorblockern oder Androgensynthesehemmern zusammen.

Zyklusstörungen und ihre Behandlung

Eine Polymenorrhö mit einem Zyklus < 21 Tage kann mit einem Gestagenpräparat in der zweiten Zyklushälfte, bei sehr jungen Mädchen mit einem Hormonersatzpräparat oder einem Ovulationshemmer therapiert werden. Die juvenile Dauerblutung als Ausdruck einer chronischen Anovulation oder einer Follikelpersistenz wird je nach sonografi schem Befund bei hochaufgebautem Endometrium mit einem Gestagen, bei niedrigem mit einem Östrogen-Gestagen- Präparat behandelt. Seltenere Ursachen wie eine Hyperfi brinolyse, ein Malignom und hämatologische Erkrankungen müssen bei hormon- und therapierefraktären Blutungen zusätzlich ausgeschlossen werden. Bei einer primären Dysmenorrhö fi ndet sich zumeist keine organische Ursache. Eine sekundäre Dysmenorrhö kann ihre Ursache in einer Verschlussfehlbildung oder einer juvenilen Endometriose haben. Orale Kontrazeptiva sind die Mittel der Wahl, wenn organische Gründe ausgeschlossen sind. Sind bis zum 14. Lebensjahr eines Mädchens keine Pubertätsreifungszeichen aufgetreten, erfolgt primär die endokrinologische Abklärung. Ursachen sind alle Formen der primären oder sekundären Ovarialinsuffi zienz. Bei der hypothalamischhypogonadotropen Form ist diff erenzialdiagnostisch an eine konstitutionelle Entwicklungsverzögerung zu denken.

Autorin

Dr. Sabine Anthuber
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,
Klinikum der Uni München-Großhadern
Marchionistr. 15
81377 München