Fort- und Weiterbildung

Welche Untersuchungen sind wann sinnvoll?

S.-C. Renteria,
Département de Gynécologie et Obstétrique, CHUV, Lausanne, Schweiz

Einleitung:

Bis vor kurzem kam das traditionelle klinische Paradigma zur Anwendung, welches bei sexuell aktiven Mädchen zu Beginn einer hormonalen Kontrazeption und generell bei Frauen ab 18 Jahren einmal pro Jahr eine gynäkologische Untersuchung mit Abstrich nach Papanicolaou vorsah. Bei Indikation oder vor allem im angelsächsischen Bereich zur Vorsorge wurde ein Chlamydien- und Gonokokkennachweis durchgeführt. Fraglich ist, ob dieses Vorgehen den Kriterien einer sinnvollen Vorsorgeuntersuchung gerecht wird. 

Grundsätzliche Überlegungen:

1. Bis zu 25% der sexuellübertragenen Krankheiten betreffen Adoleszentinnen. Neue Testmöglichkeiten im Urin durch Amplifikation der DNA haben eine Sensitivität (>95%) und Spezifität (>98%), die derjenigen der enzymatischen Immunoassays mit Zervixschleim überlegen sind.

2. Bei sexuell aktiven Adoleszentinnen ist der Nachweis einer HPV-Infektion einer der häufigsten Befunde im PAP-Abstrich (kumulatives Risiko bis 70 %). 3/4 aller mit HPV infizierten jungen Mädchen sind jedoch 24 Monate später erneut negativ. 90% der LSIL im PAP-Abstrich zeigen eine spontane Regression und 2/3 der HPV-Infizierten entwickeln keine LSIL. Therapeutische Konsequenzen ergeben sich deshalb bei gesunden Mädchen extrem selten. Sehr früh sexuell aktive Mädchen (<14jährig) sowie HIV-Positive haben hingegen ein stark erhöhtes Risiko.

3. Sowohl die Angst vor der gynäkologischen und vor allem der vaginalen Untersuchung als auch die Beunruhigung durch wiederholte Nachuntersuchungen, können eine ungünstige Wirkung auf die Compliance ausüben. Ein überlegter Einsatz der Technik kann dem entgegenwirken, indem er mehr Zeit lässt für das ärztliche Gespräch.

Neues Paradigma:

Vorsorgeuntersuchung durch DNA-Amplifikation im Urin bei asymptomatischen Patientinnen; bei symptomatischen Patientinnen zusätzliche vaginale Untersuchung. Zervixzytologie in Risikosituationen wie frühzeitiger GV, multiple Partner, diagnostizierter HPV vom high risk Typ, Immunosuppression; ansonsten 2-3 Jahre nach dem ersten GV. Der Verzicht auf eine vaginale Untersuchung schließt dabei die Inspektion der äußeren Genitalien (Herpes, Kondylome) nicht aus.

Zusammenfassung:

Im Interesse der jungen Patientinnen sollte insbesondere die gynäkologische Untersuchung nur auf einer klaren Indikation basierend durchgeführt werden. Außerdem kann diese Untersuchung jedoch auch bei Dysmorphophobie (Pubertätsentwicklung, sexueller Missbrauch), bei Problemen mit der Menstruationshygiene oder Bedenken vor dem ersten GV zur Aufklärung beitragen.