Fort- und Weiterbildung

Abstracts des Münchener Symposiums für Kinder- und Jugendgynäkologie
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Arbeitsgemeinschaft vom 23. bis 25. Oktober 2003, Frauenklinik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Dr. med. Susanne Bechtold-Dalla Pozza, München

Hyperandrogenämie in der Kindheit und Adoleszenz

Die Hyperandrogenämie im Kindesalter und in der Adoleszenz nimmt als Vorstellungsgrund in der pädiatrischen Endokrinologie an Häufigkeit zu. Die Hyperandrogenämie bei Kindern äußert sich meist mit vorzeitiger Pubesbehaarung im Rahmen einer prämaturen Adrenarche. Diese definiert sich als Auftreten von Schamhaaren (P2) im Alter von unter acht Jahren bei Mädchen und unter neun Jahren bei Buben.

Das Fortbestehen der Hyperandrogenämie im Erwachsenenalter ist möglich. Kinder mit erniedrigtem Geburtsgewicht und/oder -länge (SGA) und prämaturer Pubarche scheinen besonders gefährdet zu sein, ein polyzystisches Ovarsyndrom als eine Form des metabolischen Syndroms zu entwickeln (PCO-HAIR-Syndrom). Weitere Differentialdiagnosen der Hyperandrogenämie im Kindesalter wie adrenale Tumoren, das adrenogenitale Syndrom oder das Cushing-Syndrom müssen in Erwägung gezogen werden, sind aber insgesamt selten.

Junge Frauen hingegen beklagen bei Hyperandrogenämie neben Zyklusstörungen eine zunehmende Acne vulgaris, Seborrhoe, Acanthosis nigricans, Hirsutismus und Alopezie in unterschiedlichem Schweregrad. Eine stammbetonte Adipositas und ein Hyperinsulinismus durch Insulinresistenz sind weitere assoziierte Symptome, die sich als metabolisches Syndrom zusammenfassen lassen. Wesentliche Quellen der Hyperandrogenämie sind die Nebennierenrinde, die Ovarien und das Fettgewebe. Hirsute Veränderungen korrelieren dabei nicht mit der Höhe der Androgenkonzentrationen. An Folgeerkrankungen des metabolischen Syndroms sind Infertilität, Dyslipidämie, Diabetes mellitus vom Typ II und kardiovaskuläre Erkrankungen zu nennen.

Wir untersuchten an bisher 20 Teenagern mit Hyperandrogenämie, die sich in unserer Sprechstunde vorstellten, endokrine, metabolische und ossäre Veränderungen im Rahmen des metabolischen Syndroms. Die Patientinnen waren im Mittel 14,6 Jahre alt (11,8-17,5), hatten eine Körperlänge von durchschnittlich 158,7 cm (141,9-173,5), entsprechend –0,52 ± 1,7 SD, und wogen im Mittel 73,7 kg (32,9-133,0). Der durchschnittliche BMI lag bei 28,9 (16,3-44,1), elf Patientinnen hatten einen BMI von unter 30 kg/m2, neun Mädchen lagen darüber. Das viszerale Fettgewebe war teilweise massiv vermehrt, der mittlere Taille-Hüft-Quotient (Norm: < 0,85) lag bei 0,9, streute aber von 0,75 bis 1,24.

An klinischen Beschwerden traten bei 14 Patientinnen eine Oligoamenorrhoe auf, 16 Patientinnen hatten eine Acne vulgaris, 13 Patientinnen hatten Striae, sieben eine Acanthosis nigricans, und 18 Patientinnen litten unter einer verstärkten Körperbehaarung. Bei allen Patientinnen führten wir ein Diagnostikprogramm durch, das neben einem oGTT einen ACTH-Test, eine DNA-Analyse und eine Knochendichtemessung vorsah. Ein Insulinsensitivitätsindex (ISI) nach Matsuda unter 10 gilt als auffällig. Je niedriger der Wert ist, desto ausgeprägter ist die Insulinresistenz.

Es fanden sich signifikante Korrelationen zwischen dem BMI und dem ISI (r = -0,6), zwischen dem Grad der hirsuten Veränderungen (nach Baron) und den Androstendion- und SHBG-Werten (r = 0,48 bzw. r = -0,67). Je niedriger die SHBG-Werte, desto höher die Kortikalisfläche (r = -0,67). Eine Heterozygotie für AGS fand sich in keiner der bisher untersuchten Proben.

Das Ausmaß der Adipositas scheint eine untergeordnete Rolle in der Entwicklung des metabolischen Syndroms zu spielen. Insulinresistenz und peripherer Hyperinsulinismus sind entscheidende Aspekte in der Pathophysiologie. Therapeutische Ansätze wären hier denkbar. So findet der Insulinsensitizer Metformin Einsatz in der Therapie des metabolischen Syndroms. Eine gesteigerte Insulinsensitivität führt dann zu einer reduzierten ovariellen und adrenalen Androgenbildung. Kombiniert mit einem Antiandrogen, wie Flutamid, wird eine deutliche Verbesserung der endokrinen und metabolischen Veränderungen erzielt (L. Inbáñez, 2003).

Patienten mit SGA und prämaturer Pubarche zählen zu den näher zu untersuchenden Risikogruppen in der Entwickung eines metabolischen Syndroms, bei denen präventive Maßnahmen denkbar wären. Inbáñez et al. (2001) berichteten über Langzeitfolgen bei 25 Mädchen mit niedrigem Geburtsgewicht und prämaturer Pubarche. Bereits im Alter von zehn Jahren fanden sich bei diesen Mädchen signifikant höhere Triglyzeride und erhöhte LDL-Werte. Im Alter von 14 Jahren war dann zusätzlich die Insulinsensitivität erniedrigt, und es fanden sich Hinweise auf eine ovarielle Dysfunktion.

Ob durch eine frühzeitige Therapie Spätkomplikationen verhindert werden können, müssen Langzeitstudien zeigen.

Dr. med. S. Bechtold-Dalla Pozza, W. Bonfig, V. Noelle, Y. Leitner, H. Schmidt und H.P. Schwarz, Dr. v. Haunersches Kinderspital, München