Abstracts des Münchener Symposiums für Kinder- und Jugendgynäkologie
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Arbeitsgemeinschaft vom 23. bis 25. Oktober 2003, Frauenklinik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität, München

PD Dr. med. Dominik T. Schneider, Düsseldorf

Juvenile Granulosazelltumoren und Keimstrang-Stromatumoren des Ovars

Keimstrang-Stromatumoren des Ovars (ovarian sex cord – stromal pubertätsstadientumors, OSCST) sind seltene Tumoren, über die in der Literatur bislang keine systematisch und prospektiv erfassten epidemiologischen und klinischen Daten vorliegen. Bezogen auf alle Ovarialtumoren (bei Kindern und Erwachsenen) wird die relative Häufigkeit der OSCST in der Literatur mit etwa 8% angegeben. Im Kindertumorregister der GPOH in Kiel tragen SCST knapp 20 % zu den Ovarialtumoren bei. Aufgrund der geringen Inzidenz von ovarialen Keimzelltumoren bei Säuglingen und Kleinkindern sind OSCST relativ häufiger und somit charakteristische Tumoren der Keimdrüsen bei Kleinkindern.

Ziel der mit dem Judith-Esser-Mittag-Preis 2002 der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie e.V. ausgezeichneten Arbeiten ist es, klinische, histopathologische und genetische Muster bei OSCST erkennbar werden zu lassen, die eine Risikostratifizierung der Therapie erlauben. Zu diesem Zweck sind die zwischen 1980 und 2000 als Beobachtungspatientinnen an die MAKEI-Therapieoptimierungsstudien gemeldeten Patientinnen mit OSCST prospektiv analysiert worden (n = 54). Darüber hinaus sind Tumorproben des Kieler Kindertumorregisters histologisch (n = 72), immunhistochemisch (n =52) und molekulargenetisch (n = 26) mittels vergleichender genomischer Hybridisierung (CGH) untersucht worden.

In der Auswertung der klinischen Daten zeigt sich, dass besonders bei Kleinkindern die endokrinologische  Symptomatik im Sinne einer isosexuellen Pseudopubertas praecox führend ist. Neben einem Wachstumsschub, Entwicklung von Schambehaarung oder Größenzunahme der Brustdrüse führt häufig eine vaginale Blutung zur Diagnose. Bei anderen Patientinnen kann es infolge einer Stieldrehung oder Tumorruptur zu dem klinischen Bild eines akuten Abdomens kommen.

Die Prognose der OSCST ist insgesamt günstig, da die Hälfte der Tumoren als lokalisierte Tumoren (FIGO Stadium Ia) diagnostiziert wird (Abbildung 1) . Bei etwa 15% der Patientinnen ist bei Diagnose bereits eine peritoneale Tumoraussaat vorhanden (FIGO-Stadium IIIII); Fernmetastasen sind nur in Rezidivsituationen beobachtet worden.

Bei Tumoren im Stadium FIGO II-III hat sich eine Kombinationschemotherapie, bestehend aus Cisplatin, Etoposid und Ifosfa-mid als effektiv erwiesen (Schneider et al., Klinische Pädiatrie 2002).

  • Die OSCST sind bei Kleinkindern in der Differentialdiagnose der isosexuellen Pseudopubertas praecox zu berücksichtigen.
  • Bei Nachweis eines Ovarialtumors in der bildgebenden Diagnostik ist eine standardisierte Diagnostik einschließlich einer detaillierten endokrinologischen Diagnostik und der Bestimmung der Tumormarker (AFP, s-HCG, Inhibin) anzuschließen.
  • Die komplette operative Entfernung des Tumors mittels Ovarektomie oder Adnektomie ist entscheidend.
  • Bei dieser Gelegenheit sind die zytologische Untersuchung der Peritonealflüssigkeit und aufgrund der Seltenheit der Tumoren eine referenzhistopathologische Beurteilung verpflichtend.
  • Bei Patientinnen im Tumorstadium Ic und präoperativer Ruptur oder malignem Aszites bzw. in den Stadien II-IV ist eine adjuvante Chemotherapie indiziert.
  • Außerdem ist es wünschenswert, intraoperativ Gewebeproben für weiterführende zyto- und molekulargenetische Untersuchungen zu asservieren.

Die dargestellten Ergebnisse finden Eingang in ein prospektives Therapieoptimierungsprotokoll für ovariale Keimstrang-Stromatumoren bei Kindern und Jugendlichen. Weitere Informationen und Beratung bezüglich der Behandlung einzelner Patientinnen können bei den Autoren unter der u.a. Adresse eingeholt werden.

Die Arbeiten werden unterstützt von der Deutschen Krebshilfe e.V.

(Literatur kann bei den Verfassern angefordert werden.)

PD Dr. med. D.T. Schneider, G. Calaminus, D. Harms und U. Göbel,
Klinik für Kinder-Onkologie, -Hämatologie und -Immunologie,
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf