Fort- und Weiterbildung

Abstracts des Münchener Symposiums für Kinder- und Jugendgynäkologie
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Arbeitsgemeinschaft vom 23. bis 25. Oktober 2003, Frauenklinik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Seminar

Dr. med. Sabine Anthuber, München

Seminar Kontrazeption bei Jugendlichen: Praktische Aspekte

Noch immer verzeichnen wir in Deutschland eine steigende Anzahl ungewollter Teenagerschwangerschaften mit einer stetig zunehmenden Schwangerschaftsabbruchsrate in der Altersklasse von 12 bis 17Jahren. Die Aufklärung in den Schulen und Medien und durch die Eltern scheint noch nicht den präventiven Effekt zu haben, den wir uns wünschen. Die Diskrepanz des Zeitpunktes der Aufklärung zu immer früherer sexueller Reife hat einen wesentlichen Anteil daran. Für den Kinderarzt zu groß, für den Gynäkologen zu jung und zu wenig entwickelt. Heranwachsende Jugendliche haben es nicht immer leicht, ihren Platz zwischen Kinder- und Frauenarzt zu finden. Fragen zu Sexualität und Verhütung werden nicht selten von allen Seiten ausgespart.

Es muss die Anwendung bestmöglicher Verhütungsmittel nach individuellen, personen- und situationsbezogenen Gegebenheiten für die Jugendlichen gefordert werden. Die rechtliche Situation stellt den behandelnden Arzt gelegentlich vor schwierige, gegeneinander abzuwägende Interessenskonflikte. Die Kenntnis über die derzeitige Rechtslage ist von entscheidender Bedeutung.

Für Jugendliche geeignete Kontrazeptiva sind in erster Linie die modernen, niedrig dosierten Mikropillen. 60 % der Mädchen wenden diese an. Neuere Gestagene, wie das dem natürlichen Progesteron verwandte Drospirenon haben neben gestagenen und ovulationshemmenden auch antiandrogene und antimineralkortikoide Eigenschaften und können so Ödemneigung, Brustspannen und Gewichtszunahme entgegenwirken. Antiandrogene Ovulationshemmer werden zunehmend beim juvenilen PCO-Syndrom eingesetzt. Sie dienen zum einen der Zyklusstabilisierung bei Oligo-Amenorrhoe, zum anderen der Verbesserung von Androgenisierungserscheinungen.

Der prognostische Nutzen hinsichtlich der späteren Fertilität ist bislang noch nicht bewiesen. Mythen, die längst widerlegt sind, die sich jedoch hartnäckig gehalten haben, betreffen u. a. das Verhalten der Jugendlichen, die orale Kontrazeptiva anwenden. Nach einer Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhöht sich die Anzahl der Koituspartner durch die Anwendung nicht. Das Längenwachstum wird durch die modernen Mikropillen nicht negativ beeinflusst. Eine Einschränkung der Fertilität, auch nach langjähriger Einnahme von oralen Kontrazeptiva, gibt es nicht. Der sogenannten Post-Pill-Amenorrhoe liegt eine Störung zugrunde, die ursächlich nicht durch die Pille hervorgerufen wird, sondern durch diese nur kupiert wird.

Weitere neue interessante Entwicklungen, für Jugendliche geeignet, sind der NuvaRing®, das erste kontrazeptive Pflaster (Evra®), die östrogenfreie reine Gestagenpille Cerazette®, und Implanon®. Bedingt geeignet für Jugendliche sind kupferhaltige Intrauterinpessare und die levonorgestrelhaltige Mirena®. Einer Studie aus Amerika zufolge ist bei der Altersgruppe unter 20 Jahren die Compliance am schlechtesten hinsichtlich der notwendigen täglichen Einnahme von oralen Kontrazeptiva. Eine Untersuchung an 1785 Frauen, die entweder das hormonhaltige Pflaster Evra erhielten oder alternativ orale Kontrazeptiva, zeigte, dass 88,1 bis 91 % das Pflaster korrekt anwendeten, hingegen nur 67,7 bis 85,2 % ihre oralen Kontrazeptiva. Die unter 20-Jährigen zeigten die schlechteste Einnahmekontinuität. Insofern bereichert sowohl der NuvaRing als auch Evra das Spektrum der Kontrazeptiva, die insbesondere für Jugendliche anwendbar sind. Wirkmechanismus und Kontraindikation sind denen der oralen Kontrazeptiva gleich.

Das Seminar orientiert sich an praktischen Fällen aus der Kinder- und Jugendgynäkologischen Sprechstunde und wird für Kinder- und Frauenärzte problemorientiert zu relevanten Fragestellungen der Kontrazeption Antworten erarbeiten.

Dr. med. Sabine Anthuber, 
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Klinikum der Universität München, 
und Prof. Dr. med. Friedolf Peters, 
St. Hildegardis-Krankenhaus, Mainz