Fachwissen

Konsensus:

Präventive Impfstrategien zur Reduktion der Morbidität und Mortalität bei HPV-induzierten Erkrankungen

aus korasion Nr. 4, November 2005

Der nachfolgende Konsensus beruht auf einem Meeting vom 09.09. bis 11.09.2005 in Wien, das von Prof. Dr. Ingomar Mutz moderiert wurde. Es wurden neben den in der Literatur publizierten Studienergebnissen und eigenen Erfahrungen auch aktuelle Daten aus Studien zu diesem Thema berücksichtigt. Deswegen sind sich die Unterzeichner bewusst, dass bei Vorliegen weiterer Erkenntnisse eine Überarbeitung und Ergänzung notwendig sein wird.

Humane Papillomaviren (HPV)

Mehr als 100 humane Papillomaviren sind bekannt, von denen etwa 40 mukosale Typen von ursächlicher Bedeutung sind für 

  • benigne Tumoren wie Warzen und Papillome und
  • Präkanzerosen und Malignome vor allem im Genitalbereich.

Das HPV ist das weltweit am häufigsten sexuell übertragene Virus. In Deutschland, Österreich und der Schweiz werden etwa 70% aller Frauen im Lauf ihres Lebens mit HPV infiziert.

HPV und Kondylome

  • Zirka 1% der Bevölkerung ist von Kondylomen betroffen; die Erkrankung betrifft Frauen und Männer.
  • Kondylome sind schwierig behandelbar und rezidivierend.
  • 90% der Kondylome werden von den HPV-Typen 6 und 11 verursacht.

HPV und Präkanzerosen

HP-Viren sind die Hauptursache für intraepitheliale Neoplasien des unteren Genital-trakts, welche eine hohe Zahl von operativen Eingriffen bei Frauen zur Folge haben. Schätzungsweise werden in Deutschland über 50000, in der Schweiz und in Österreich je 5000 Konisationen pro Jahr vorgenommen.

Als Maßnahme zur Frühdiagnose werden in diesen Ländern im Rahmen einer gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung ein Abstrich vom Gebärmutterhals und eine Färbung nach G. Papanicolaou durchgeführt.

HPV und Zervixkarzinom

Seit 1983 ist ein Zusammenhang zwischen der HPV-Infektion und der Zervixkarzinom-Genese in der Diskussion. In epidemiologischen und molekularbiologischen Studien konnte mittlerweile ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Infektion mit HP-Viren und der Entstehung eines Zervixkarzinoms bewiesen werden.

Übertragung der mukosalen HPV-Infektion

Aufgrund der verschiedenen Übertragungswege können Frauen, Männer und Kinder von HPV-Infektionen betroffen sein.

  • Die Übertragung erfolgt am häufigsten durch Intimkontakt sexuelle Übertragung). Kondome bieten keinen sicheren Schutz vor einer HPV-Infektion!
  • Eine nicht-sexuelle Übertragung ist möglich.

Ziele der präventiven HPV-Impfung

  • Vermeidung der Infektion mit pathogenen HPV-Typen. Dadurch soll die Zirkulation dieser Viren reduziert werden.
  • Deutliche Reduktion der Inzidenz der Erkrankungen an Kondylomen, Präkanzerosen und Malignomen infolge einer Infektion mit pathogenen HP-Viren.

Wirksamkeit des HPV-Impfstoffes

Wirksamkeitsnachweis (efficiency):

  • Vermeidung der Infektion mit pathogenen HP-Viren,
  • Vermeidung des Auftretens von HPV-induzierten Erkrankungen.
  • Die Wirksamkeit der präventiven HPV-Impfung wurde in den bisherigen Phase-I- und Phase-II-Studien nahe gelegt.

Wirksamkeit der präventiven HPV-Impfung

Wirkungsüberprüfung (efficacy):

  • Die bisherigen Phase-I- und II-Studien zeigen eine Korrelation zwischen der Impfung und dem Schutz vor der Erkrankung.

Sicherheit der präventiven HPV-Impfung

Die bisher in Studien eingesetzten Impfstoffe haben keine unerwarteten Nebenwirkungen gezeigt. Deshalb ist davon auszugehen, dass sie allen Anforderungen an moderne Impfstoffe hinsichtlich Sicherheit und Verträglichkeit entsprechen werden.

Was wird vom Impfstoff erwartet?

  • Die Dauer der Schutzwirkung der präventiven HPVImpfung ist derzeit noch unbekannt. Langzeituntersuchungen laufen.

Zielgruppen für die präventive HPV-Impfung

  • Alle Mädchen vor Eintritt in das sexuell aktive Alter (allgemeine Imfpung).
  • Weibliche Jugendliche und Frauen vor und während der sexuell aktiven Zeit.

Über die Wirksamkeit der HPV-Impfung bei Frauen, die infiziert sind oder bereits eine Infektion durchgemacht haben, lässt sich derzeit keine Aussage treffen.

Auswirkung der Impfung auf bestehende gynäkologische Krebsvorsorgeprogramme

  • Derzeit verfügbare Impfstoffe decken nur die zwei wichtigsten krebserregenden HPV-Typen ab.
  • Gynäkologische Krebsvorsorge-Untersuchungen (einschließlich Pap.-Test) sind daher weiterhin notwendig!
  • Eine eventuelle Impfung hat zunächst keine Auswirkungen auf die Krebsvorsorge-Intervalle.

Impfstoffe gegen humane Papillomaviren

Vorbeugende Impfstoffe (2005 noch in Phase III) enthalten als Antigene Virus-ähnliche Partikel der krebserregenden Typen HPV16 und HPV18 bzw. zusätzlich der Kondylom-verursachenden Typen HPV6 und HPV11:

  • CervarixTM (Fa. GlaxoSmith Kline) gegen die Typen 16 und 18, drei Dosen; Impfschema: 0, 1, 6 Monate;
  • GardasilTM (Fa. Sanofi Pasteur MSD) gegen die Typen 6, 11, 16 und 18, drei Dosen; Impfschema: 0, 2, 6 Monate.

Unterzeichner:

Prof. Dr. med. Hans Georg Bender, Düsseldorf;
Prof. Dr. med. Frank von Sonnenburg, München;
Prof. Dr. med. Klaus Wahle, Münster;
Prof. Dr. med. Magnus von Knebel Döberitz, Heidelberg;
Dr. med. Friederike Gieseking, Hamburg-Eppendorf;
Prof. Dr. med. Werner Lichtenegger, Berlin;
PD Dr. med. Peter Hillemanns, Jena;
Prof. Dr. med. Manfred Kaufmann, Frankfurt/Main;
Dr. med. Uwe Büsching, Bielefeld;
Prof. Dr. med. Peter Wutzler, Jena;
Dr. med. Marlene Heinz, Berlin;
Dipl.-Med.Ulrich Freitag, Wismar;
Univ. Prof. Dr. med. Peter Husslein, Wien;
Univ. Prof. Dr. med. Elmar A. Joura, Wien;
Univ. Prof. Dr. med. Herbert Kiss, Wien;
Univ. Prof. Dr. med. Petra Kohlberger, Wien;
Univ. Prof. Dr. med. Sepp Leodolter, Wien;
Univ. Doz. Dr. med. Michael Medl, Wien;
Univ. Prof. Dr. med. Ingomar Mutz, Leoben;
Univ. Prof. Dr. med. Paul Sevelda, Wien;
Univ. Prof. Dr. med. Christoph Zielinski, Wien;
Dr. med. Michael A. Elnekheli, Wien;
Dr. med. Barbara Bolliger, St. Gallen;
Prof. Dr. med. Siegfried Heinzl, Bruderholz;
Prof. Dr. med. Ulrich Heininger, Basel