Fachwissen

Orale Kontrazeption bei Jugendlichen:

Die Verhütung mit einer CMA-haltigen „Pille“ bietet Zusatznutzen

Sabine Anthuber

aus korasion Nr. 3, August 2007

Die Zahl der Teenagerschwangerschaften in Deutschland hat in den letzten Jahren ein alarmierendes Hoch erreicht: Nach Daten des Statistischen Bundesamts werden jährlich zwischen 7.000 und 8.000 Kinder zur Welt gebracht, deren Mütter jünger als 18 Jahre alt sind – dies entspricht mehr als einem Prozent aller Geburten. Hinzu kommt die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche, die bei Minderjährigen mit mehr als 7.000 Fällen pro Jahr noch einmal vergleichbar hoch ist. Die Schwangerschaftsabbrüche in der Altersgruppe der 12- bis 18-Jährigen machen einen Anteil von fast 6% aller Abruptiones in Deutschland aus. Im Jahre 2005 verzeichnete das Statistische Bundesamt erstmalig einen leichten Rückgang der Schwangerschaftsabbruch-Raten in der jüngsten Altersgruppe. Immer noch sind jedoch etwa 0,5% der betroffenen Mädchen jünger als 15 Jahre (1).

Die trotz besserer Informationsmöglichkeiten noch immer mangelhafte Aufklärung vieler Jugendlicher, das sinkende Alter beim ersten Geschlechtsverkehr und ein fehlerhaftes Verhütungsverhalten machen Folgendes deutlich: Das Beratungsangebot muss gerade für die ganz jungen Jugendlichen noch weiter verbessert und der Zugang zu sicheren Verhütungsmitteln wie der „Pille“ erleichtert werden.

Abb. 1: Pathogenese bei Dysmenorrhoe (nach H.P. Zahradnik, 2003).

Noch immer bestehen große Wissenslücken hinsichtlich der Kontrazeption

Die Zahl der Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche unter Teenagern steht im Gegensatz zu einem wachsenden Aufklärungsangebot: Noch nie hatte eine Generation aufgeklärtere Eltern und einen besseren Zugang zu Informationen als heute. Fast drei Viertel der Eltern von Mädchen bzw. fast zwei Drittel der Eltern von Jungen geben an, dass ihre Kinder über die Themen Sexualität und Verhütung gut informiert sind. Diese Einschätzung spiegelt in vielen Fällen aber nicht die Realität wider. Oft ist das vermittelte Wissen lückenhaft bzw. fehlen wichtige Informationen. So definiert sich in einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) eine große Zahl der 14-jährigen Mädchen als nicht oder möglicherweise nicht ausreichend aufgeklärt. 10% der Mädchen und 12% der Jungen schätzen sich als nicht aufgeklärt ein, weitere 30% (33% der Jungen) sind sich nicht ganz sicher.

Das „erste Mal“ findet immer früher statt

Heute sind fast zwei Drittel der 16-jährigen Mädchen und knapp 60% der 16-jährigen Jungen koituserfahren. Das durchschnittliche Alter beim „ersten Mal“ liegt sowohl für Mädchen als auch für Jungen bei etwa 15 Jahren (2).

Ein wesentlicher Aspekt beim Thema ungewollte Schwangerschaft ist somit das immer jüngere Alter beim ersten Geschlechtsverkehr. Eine Umfrage der BzgA aus dem Jahr 2006 hat gezeigt, dass der Anteil der Mädchen mit Koituserfahrung vor allem in der Altersgruppe der unter 15-jährigen deutlich zugenomment hat. Insgesamt 14% der 14-jährigen Mädchen und 12% der gleichaltrigen Jungen haben in Deutschland bereits Sexualverkehr-Erfahrung (2).

Ein Versagen der Verhütung ist bei Jugendlichen häufig

Obwohl sich der Geschlechtsverkehr ohne Verhütung bei minderjährigen Mädchen von 20% im Jahre 1980 auf 9% im Jahr 2005 reduziert hat und der Kondomgebrauch in dieser Altersgruppe von rund 30% auf über 70% angestiegen ist, kommt es nach wie vor häufig zu einem Versagen der Kontrazeption. Hauptgründe hierfür sind nach der BZgA-Umfrage das Vergessen der „Pille“ (25%) und Schwierigkeiten bei der Kondomanwendung (50%). Hinzu kommt, dass das „erste Mal“ oft überraschend und nicht geplant stattfindet (2).

Orale Kontrazeptiva – bei Jugendlichen Mittel der ersten Wahl

Bei Abwägung aller Vor- und Nachteile sind niedrig dosierte Ovulationshemmer – in Kombination mit einem Kondom zur Vermeidung sexuell übertragbarer Erkrankungen – das Verhütungsmittel der ersten Wahl in dieser jungen Altersgruppe (3). Für die „Pille“ sprechen vor allem die hohe kontrazeptive Sicherheit, die Vorteile bei der Zykluskontrolle, die meist gute Verträglichkeit und die Tatsache, dass die Fertilität im Hinblick auf einen späteren Kinderwunsch nicht beeinträchtigt wird. Schätzungen zufolge wenden in Deutschland mehr als die Hälfte aller 14- bis 19-jährigen Mädchen und jungen Frauen ein orales Kontrazeptivum zur Empfängnisverhütung an (2).

Juristisch ist bei Minderjährigen eine Interessensabwägung notwendig

Eine Verordnung von Kontrazeptiva ist bei Minderjährigen in den allermeisten Fällen ohne rechtliche Konsequenzen möglich. In einer 2004 veröffentlichten Stellungnahme weist die „Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht“ (AGMEDR) der DGGG darauf hin, dass „eine Strafbarkeit für den Arzt wegen der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger (§180 Abs.1 StGB) nicht anzunehmen ist, wenn eine Interessensabwägung zugunsten der Notwendigkeit der Verordnung von Kontrazeptiva besteht“ (4). In der Regel geht es bei den Jugendlichen nicht um die Frage, ob Sexualverkehr stattfindet, sondern unter welchen Bedingungen, d.h. ob mit oder ohne sichere Verhütung (4). Ein Vorenthalten von Kontrazeptiva verhindert den frühzeitigen Geschlechtsverkehr in den allermeisten Fällen nicht. Auch die BZgA hat in ihrer o.g. Umfrage bestätigt, dass die Zahl der Koituspartner bei Minderjährigen durch die Anwendung von Kontrazeptiva nicht beeinflusst wird (2).

Bei der Verschreibung von Verhütungsmitteln ist die Einwilligungsfähigkeit des Mädchens bzw. der jungen Frau zu berücksichtigen, d.h. sie muss in der Lage sein, Nutzen und Risiken der Verordnung abzuwägen. Aus gesetzlicher Sicht ist die Einwilligungsfähigkeit nicht eindeutig definiert, da der Reifeprozess bei jungen Menschen zu unterschiedlich verläuft. Der Arzt muss sich ein eigenes Bild der jeweiligen minderjährigen Patientin machen und dies dokumentieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 29, 33, 36) kommt es darauf an, ob eine Jugendliche „nach ihrer geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestaltung zu ermessen vermag“. Sie muss dem Aufklärungsgespräch folgen und weiterführende Fragen stellen können – als Beweis dafür, dass sie die empfangenen Informationen verarbeiten und in einem Abwägungsprozess für ihre Entscheidung berücksichtigen kann.

Die Einwilligungsfähigkeit kann zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr in aller Regel vorausgesetzt und ein Verhütungsmittel uneingeschränkt verordnet werden. Die Eltern sind in solchen Fällen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Jugendlichen zu informieren. Liegt das Alter des Mädchens zwischen 14 und 16 Jahren, muss die Einwilligungsfähigkeit in jedem Fall geprüft und dokumentiert werden. Auch diesen Mädchen kann ein Kontrazeptivum ohne schriftliche Zustimmung der Eltern verordnet werden: Die Jugendliche hat ein Recht auf Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht. Bei unter 14-Jährigen empfiehlt es sich hingegen grundsätzlich, die Zustimmung der Eltern einzuholen. Im besonderen Einzelfall kann allerdings auch in dieser ganz jungen Altersgruppe ein Verhütungmittel nach sorgfältiger Prüfung und Dokumentation der Einwilligungsfähigkeit verschrieben werden, ohne die Eltern zu informieren. Voraussetzung hierfür ist eine sorgfältige Interessensabwägung, wobei die ungewollte Schwangerschaft meist als vergleichsweise höheres Risiko anzusehen ist.

Inwieweit bietet die „Pille“ einen Zusatznutzen bei Dysmenorrhoe

Neben der Empfängnisverhütung haben orale Kontrazeptiva zusätzliche günstige Wirkungen, die gerade für die jugendlichen Anwenderinnen von Bedeutung sind. Im Mittelpunkt stehen die auch antiandrogen wirksamen Ovulationshemmer mit ihrem positiven Einfluss auf Haut unreinheiten, Akne, Dysmenorrhoe, unregelmäßige Zyklen und das PCO-Syndrom (1). Die beiden mit Abstand am häufigsten genannten Beschwerden bei weiblichen Teenagern sind Regelschmerzen und Hautprobleme (5).

Etwa 75% aller Mädchen und jungen Frauen in den westlichen Industrienationen geben Probleme während der Menstruation an (2). Für die jüngeren Altersgruppen ist vor allem die schmerzhafte Regelblutung ein zentrales Thema (6). Bei einer Untersuchung in Australien wurden Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren nach dem Auftreten von Regelschmerzen befragt: 80% gaben an, unter einer Dysmenorrhoe zu leiden; die Hälfte dieser Mädchen klagte in fast jedem Zyklus über entsprechende Beschwerden (7).

Bei bis zu 30% der Mädchen und jungen Frauen ist die Dysmenorrhoe so stark ausgeprägt, dass sie für einen oder mehrere Tage im Monat in der Schule oder am Arbeitsplatz fehlen (8). Ursachen der Dysmenorrhoe: In den ersten Jahren nach der Menarche haben Jugendliche zum Teil anovulatorische Zyklen mit einem insuffizienten Corpus luteum, wodurch ein relativer Progesteronmangel resultiert. Messungen im Menstrualblut zeigen, dass bei dysmenorrhoischen im Vergleich zu eumenorrhoischen Mädchen und Frauen der Quotient aus Östradiol- zu Progesteronspiegeln deutlich zugunsten des Östradiols verschoben ist.

Progesteron hat einen ruhigstellenden Einfluss auf die ?-Rezeptoren des Myometriums und übt lokal einen hemmenden Einfluss auf die Prostaglandinsynthese aus. Der relative Mangel an Progesteronwirkung am Uterus bedingt, dass im Endometrium deutlich mehr Prosta - glandin F2? (PGF2?) gebildet wird. Dieses löst im Zusammenwirken mit weiteren Mediatoren wie z.B. Oxytocin, Vasopressin sowie Leukotrienen im Uterus langdauernde, spasmenartige Druckverläufe aus.

Der Gegenspieler Prostazyklin (PGI2), der die Relaxation des Myometriums bestimmt, ist bei Mädchen und Frauen mit schmerzhafter Regelblutung deutlich erniedrigt (9).

Diagnostik bei Dysmenorrhoe: Neben hormonalen Ursachen sind auch psychologische Faktoren, sozialer Status, kultureller Hintergrund und der aktuelle Wissensstand für Dysmenorrhoe-Schmerzen (mit) verantwortlich (9) (Abb. 1). Oft kann daher ein aufklärendes Gespräch über die Abläufe beim Menstruationszyklus und die physiologischen Zusammenhänge bereits zu einer Verringerung der Beschwerden beitragen. Eine sorgfältige Anamnese, bei der auch das Zyklusverhalten bei der Mutter und deren Einstellung zum Zyklusgeschehen abgefragt wird, ist deshalb ebenso wichtig wie die orientierende gynäkolo - gische und sonographische Untersuchung. Differentialdiagnostisch sind Verschluss- bzw. Hemmungsfehlbildungen auszuschließen, die sich typischerweise durch progrediente Regelschmerzen bemerkbar machen. Auch eine Endometriose kann – selbst bei sehr jungen Mädchen – Ursache für eine Dysmenorrhoe sein. Im Zweifelsfall ist eine laparoskopische Diagnostik angezeigt.

Reduktion von Menstruationsschmerzen: In der BEDYStudie (Belara® bei Dysmenorrhoe- Studie), einer aktuellen, prospektiven Beobachtungsstudie, an der bundesweit über 600 Gynäkologen und Gynäkologinnen teilnahmen, wurde der Einfluss einer Chlormadinonazetat (CMA)-haltigen, d.h. auch antiandrogen wirksamen "Pille" auf die Dysmenorrhoe bei Mädchen und jungen Frauen erfasst und analysiert (10): In der Altersgruppe der bis zu 19-Jährigen mit Regelschmerzen wurden 1.644 Teenager auf 30µg Ethinylestradiol (EE) und 2mg Chlormadinonazetat (CMA) eingestellt und über sechs Zyklen beobachtet. Das Durchschnittsalter betrug 17 Jahre, 140 Mädchen (8,5%) waren 14 Jahre alt oder jünger.

Vor der Einnahme von EE/ CMA (Belara®) stuften 34% der Mädchen ihre Dysmenorrhoe- Beschwerden als stark, 49% als mittel, 14% als schwach und 3% als sehr schwach ein. Nach sechs Behandlungszyklen mit 30µg EE und 2mg CMA (EE/CMA) hatte die Häufigkeit und Intensität der Dysmenorrhoe-Beschwerden deutlich abgenommen: Bei etwa 50% der Mädchen waren die Regelschmerzen vollständig verschwunden, und weitere 42% gaben nur noch sehr schwache oder schwache Beschwerden an. 0,6% der Befragten litten weiterhin unter starken Regelschmerzen (Abb. 2).

Abb. 2: Dysmenorrhoe-Beschwerdestärke vor und nach Einnahme von 30µg EE/2mg CMA (Belara®) (n = 1.452 Patientinnen mit Vor- und Abschlussbefund): Regelschmerzen verschwinden unter der CMA-haltigen "Pille" in vielen Fällen vollständig.

Interessanterweise trafen diese positiven Ergebnisse sowohl für die Gruppe der Erstanwenderinnen einer „Pille“ als auch für jene Patientinnen zu, die vorher ein anderes orales Kontrazeptivum eingenommen hatten und auf EE/CMA umgestellt worden waren.5,0% der Teenager beendeten die Studie vorzeitig. Als Gründe für die vorzeitige Beendigung wurden überwiegend persistierende Beschwerden bzw. Unverträglichkeiten und nicht mehr bestehender Kontrazeptionswunsch angegeben.Rückgang beim Schmerzmittelgebrauch: Vor Beginn der BEDY-Studie nahmen mehr als drei Viertel der Mädchen und jungen Frauen im Alter bis zu 19 Jahren wegen ihrer Dysmenorrhoe-Beschwerden Schmerzmittel ein. Bei 34% der Befragten kamen Schmerzmittel sogar häufig bzw. bei jeder Regelblutung zum Einsatz. Angewendet wurden vor allem Ibuprofen, Paracetamol und Acetylsalicylsäure, aber auch nebenwirkungsstärkere Substanzen wie Naproxen und Diclofenac.

Nach 6-monatiger Einnahme von 30µg EE/2mg CMA (Belara®) sanken sowohl die Häufigkeit des Schmerzmittelgebrauchs als auch die eingesetzten Dosen deutlich ab. Pro Menstruation reduzierte sich die Schmerzmitteldosis bei den häufig angewendeten Substanzen Ibuprofen und Paracetamol um etwa die Hälfte bzw. um ein Drittel. In über 80% der dokumentierten Fälle wurden unter EE/CMA überhaupt keine Schmerzmittel benötigt (Abb. 3).

Abb. 3: Schmerzmittelgebrauch wegen Dysmenorrhoe vor und nach Einnahme von 30µg EE/2mg CMA(Belara®) (n = 1.448 Patientinnen mit Vor- und Abschlussbefund): Unter der CMA-haltigen "Pille" werden erheblich weniger Schmerzmittel benötigt.

Reduktion von Fehlzeiten: Vor Einnahme von EE/CMA fehlten mehr als 46% der Mädchen und jungen Frauen wegen ihrer Regelschmerzen gelegentlich oder sogar bei jeder Regelblutung in Schule, Ausbildung oder Beruf. Nach Einnahme der CMA-haltigen „Pille“ verringerte sich der Anteil der Befragten mit Fehlzeiten um fast 93% (Abb. 4).

Abb. 4: Fehlzeiten in Schule, Ausbildung oder Beruf wegen Regelschmerzen vor und nach Einnahme von 30µg EE/2mg CMA(Belara®) (n = 1.397 Patientinnen mit Vor- und Abschlussbefund): Unter der CMA-haltigen "Pille" werden Fehlzeiten deutlich reduziert.

Minderung von Zusatzblutungen: Weitere, häufig berichtete Zyklusprobleme neben der Dysmenorrhoe sind bei Jugendlichen Zusatzblutungen, die besonders oft unter sehr niedrig dosierten Ovulationshemmern (20µg EE und niedriger) auftreten. Von den bis zu 19-jährigen Mädchen mit Dysmenorrhoe in der BEDY-Studie gaben fast 27 % entsprechende zusätzliche Blutungen an. Bei knapp 7% trat dieses Problem sogar häufig oder sehr häufig auf.

Nach 6 Behandlungszyklen mit EE/CMA (Belara®) waren nur noch 1,6% der Jugendlichen von häufigen oder sehr häufigen Zusatzblutungen betroffen.

Keine Gewichtszunahme: Ein ganz wichtiges Anliegen vieler junger Anwenderinnen einer „Pille“ ist die Gewichtsneutralität unter der oralen Kontrazeption: Mehr als zwei Drittel der Mädchen machen sich Sorgen, dass die „Pille“ dick machen könnte und stehen deshalb einer hormonalen Kontrazeption zum Teil ablehnend gegenüber (11).

In der BEDY-Studie zeigte der Gewichtsverlauf in Abhängigkeit vom Alter konstante Werte im Zeitraum zwischen Voruntersuchung und Beendigung der Studie (10).

Vor allem auch Hautprobleme werden durch EE/CMA weitgehend behoben

Über 80% der weiblichen Teenager leiden unter fettiger, unreiner Haut bis hin zur Akne (12). Die Mädchen und jungen Frauen mit seborrhoischen Hautproblemen zeigen in der Mehrzahl der Fälle eine 2-3fach erhöhte Aktivität des Enzyms 5?-Reduktase. Dieses Enzym katalysiert die Umwandlung von Testosteron in das sehr viel aktivere Dihydrotestosteron, das die Talgdrüsen somit relativ stark stimuliert.

Für die "Pille" mit 30µg EE/2mg CMA (Belara®) wurden in klinischen Untersuchungen deutliche antiandrogene Effekte an Haut und Haaren dokumentiert (13, 14). Eine Kontrazeptiva-Umstellungsstudie (COSS-Studie) mit 16.781 Patientinnen lieferte in der Vergangenheit umfangreiche Daten zur Veränderung des Hautbildes nach einem Pillenwechsel zu 30µg EE/2mg CMA: Bei 90% der Probandinnen, die unter ihrer bis dato angewandten "Pille" mäßige bis starke Hautprobleme hatten, verschwanden diese Symptome nach Umstellung vollständig oder wurden zumindest deutlich reduziert (15).

Auch in der BEDY-Studie nahmen die Hautprobleme der Mädchen bzw. jungen Frauen deutlich ab. Vor allem starke und mäßige Hautunreinheiten gingen zurück, während der Anteil der Jugendlichen ohne Hautprobleme auf fast 65% anstieg (Abb. 5) (10).

Abb. 5: Vorhandensein von fettiger Haut/Hautunreinheiten in der Altersgruppe der bis zu 19jährigen Mädchen bzw. jungen Frauen vor und nach Einnahme von 30µg EE/2mg CMA(Belara®) (n = 1.479 Patientinnen mit Vor- und Abschlussbefund): Hautprobleme sind unter der CMA-haltigen "Pille" deutlich rückläufig.

Die Verbesserung des Hautbildes lässt sich vermutlich sowohl auf die Wirkungen des Ethinylestradiol (EE)- als auch des Chlormadinonazetat (CMA)-Anteils zuruckführen: Durch seine kompetitive Bindung am Androgenrezeptor und durch Hemmung der 5?-Reduktase in den Sebozyten hat CMA auch einen deutlichen antiandrogenen Effekt. Darüber hinaus senkt Chlormadinonazetat die Androgenbildung in den Nebennierenrinden (16). Beide Hormonkomponenten - EE und CMA - hemmen die Freisetzung der Gonadotropine FSH und LH und damit auch die ovarielle Androgenbiosynthese. EE reduziert außerdem die Synthese von Androgenen und Androgen-Vorstufen in Ovarien und Nebennieren. Gleichzeitig erhöht es die Konzentration von Sexualhormonbindendem Globulin (SHBG) und führt damit zu einem Abfall des freien, biologisch aktiven Testosterons.

Androgen wirksame Gestagene aus der 19-Nortestosteron-Gruppe heben die günstigen Effekte von Ethinylestradiol teilweise auf (17). Hingegen ist die EE-Wirkung unter Chlormadinonazetat nicht beeinträchtigt (18).

Von einer Langzyklus-Einnahme ist bei ganz jungen Pillenanwenderinnen eher abzuraten

Die hormonale Langzyklus- Kontrazeption (= Einnahme eines hormonhaltigen Kontrazeptivums ohne Einnahmepausen über drei Monate und länger) mit niedrig dosierten monophasischen Ovulationshemmern wird derzeit intensiv diskutiert: Auf den ersten Blick ergibt sich keine echte medizinische Notwendigkeit für die Einhaltung einer Pillenpause alle 4 Wochen (19). Die kontrazeptive Sicherheit ist im Langzyklus sogar erhöht (20). Gerade auch für Patientinnen, die längerfristig Medikamente einnehmen, welche die pharmakologische Wirkung eines oralen Kontrazeptivums beeinträchtigen (z.B. Barbiturate, Antibiotika, Antikonvulsiva) ist der Langzyklus deutlich zuverlässiger. Therapeutische Vorteile werden außerdem in der Behandlung bei Endometriose, bei Uterus myomatosus, sowie bei bestimmten angeborenen Defekten des Gerinnungssystems (z.B. Faktor XII-Mangel, v. Willebrand-Jürgens-Syndrom), ferner bei therapieresistenter Dysmenorrhoe, bei prämenstruellem Syndrom, bei der Pillenpausen- Migräne und beim PCO-Syndrom gesehen.

Eine „Kumulation von Steroiden“ bei längerer pausenfreier Anwendung niedrig dosierter Ovulationhemmer ließ sich bisher nicht belegen. Vielmehr zeigte eine Untersuchung, dass nach zirka 10 Tagen ein Steady- State für Ethinylestradiol und Gestagene (z.B. Chlormadinonacetat) erreicht wird (13). Ein möglicher Nachteil des Langzyklus ist die zum Teil stärkere Neigung zu Durchbruchblutungen, vor allem bei Erstanwenderinnen einer „Pille“.

Grundsätzlich ist die Empfehlung von Langzyklus-Schemata in der Gruppe der Teenager sehr kritisch zu prüfen: Für die Mädchen ist das regelmäßige (und positive) Erleben der Menstruation zunächst eine wichtige Voraussetzung, um ein gesundes Körper- und Selbstwertgefühl zu entwickeln (21). Von einer Langzyklus- Anwendung einer „Pille“ aus „Lifestyle-Gründen“ ohne medizinische Indikation ist bei den ganz jungen Pillenanwenderinnen daher abzuraten.

Die Alternativen zur hormonalen Kontrazeption sind Mittel der zweiten Wahl

Hormonale orale Kontrazeptiva in Kombination mit dem Kondom sind für Jugendliche Mittel der ersten Wahl bei der sicheren Verhütung. Als Alternativen können der Nuvaring® und das kontrazeptiv wirkende Hormonpflaster Evra® verordnet bzw. Implanon® implantiert oder das Levonorgestrel-abgebende Mirena®-Intrauterinsystem eingesetzt werden.

Kupferhaltige Intrauterinpessare sind bei Jugendlichen als Kontrazeptiva der zweiten Wahl zu bewerten. Zwar belegen neuere Untersuchungen von Nulliparae keine erhöhte Rate bei Infektionen an den weiblichen Fortpflanzungsorganen (pelvic inflammatory diseases, PID) (22), verlässliche Zahlen für die Anwendung bei Jugendlichen liegen jedoch nicht vor. Daten aus dem WHO Clinical Trial zeigen, dass das Risiko einer PID umgekehrt proportional zum Alter zunimmt (23).

Als Kontraindikationen für ein kupferhaltiges IUP gelten bei Jugendlichen wechselnde Partnerschaften, vorausgegangene Ad nexitiden, Uterusfehlbildungen und Blutungsstörungen.

Barrieremethoden stellen keine Alternative für die Verhütung bei Jugendlichen dar, und die sog. Natürliche Familienplanung (NFP) kann nur in seltenen Ausnahmefällen empfohlen werden, da Zyklusgeschehen und auch Lebensgewohnheiten in dieser jungen Altersgruppe oft noch sehr unregelmäßig bzw. unbeständig sind.

Literatur

  1. Statistisches Bundesamt Wiesbaden: Bundesstatistik der Schwangerschaftsabbrüche 2003, Zweigstelle Bonn, Gruppe VIII A Gesundheit, Gesundheitsberichterstattung;
  2. BZgA: Jugendsexualität 2006. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung;
  3. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.: Gemeinsame Stellungnahme der DGGEF e.V. in Zusammenarbeit mit dem Berufsverband der Frauenärzte e.V. Leitlinie Empfängnisverhütung, Stand September 2004;
  4. AGMEDR: Stellungnahme zu Rechtsfragen bei der Behandlung Minderjähriger. Frauenarzt 2003; 44: 1109-1115;
  5. Was erwarten Mädchen und junge Frauen von ihrer Pille? Bundesweite Befragung zu den Erwartungen bei Einstellung bzw. Umstellung auf ein orales Kontrazeptivum. Frauenarzt 2006; 47, Januar-Suppl: Gynäkologie aktuell;
  6. Sundell G et al: Factors influencing the prevalence and severity of dysmenorrhoea in young women. Br J Obstet Gynaecol 1990; 97: 588-594;
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  10. BEDY-Studie (Belara® bei Dysmenorrhoe): Klin Biom Bericht. Grünenthal GmbH, 2007;
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  14. Schramm G, Steffens D: Contraceptive efficacy and tolerability of chlormadinone acetate 2mg/ethinyl - estradiol 0,03mg (Belara®). Clin Drug Invest 2002; 22: 221-231;
  15. Schramm G, Heckes B: Switching hormonal contraceptives to a chlormadinone acetate-containing oral contraceptive. Contraception 2007; 76: 84- 90;
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  19. Birkhäuser M et al: Empfehlungen zur oralen Kontrazeption. 28. Arbeitstreffen des Züricher Gesprächskreises, 2002;
  20. Sulak PJ et al: Extending the duration of active oral contraceptive pills to manage hormone withdrawal symptoms. Obstet Gynecol 1997; 89: 179- 183;
  21. Gille G: Menstruationsperzeption und Langzyklus. Der Gynäkologe 2005; 38: 817-826;
  22. Veldhuis HM et al: Complications of the intrauterine device in nulliparous and parous women. Eur J Gen Pract 2004; 10: 82-87;
  23. Farley TM et al: Intrauterine devices and pelvic inflammatory disease: an international perspective. Lancet 1992; 339: 785-788.

Korrespondenzadresse:

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