Fachwissen

Kongressbericht zum 6. Berliner Symposium für Kinder- und Jugendgynäkologie

Marlene Heinz

aus korasion Nr. 2, Mai 2009

Das 6. Berliner Symposium für Kinder- und Jugendgynäkologie fand vom 23. bis 25. April 2009 im „Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur“ statt, dessen Atmosphäre und Lokalisation im Zentrum Berlins von den mehr als 500 Teilnehmern, im Wesentlichen Frauen- sowie Kinder- und Jugendärzte, sehr gut angenommen wurden. Das wissenschaftliche Programm behandelte Themen der Prävention, Diagnostik/Therapie und Nachsorge zu in der Kinder- und Jugendgynäkologie relevanten Problemen.

Medizin als Biowissenschaft

Der Themenbereich der Prävention wurde mit einem Plenarvortrag über „Ernährung und Lebensstil von Jugendlichen heute – Konsequenzen und erforderliche Maßnahmen“ eröffnet. Hier wurde die Adipositas als chronische multifaktorielle Stoff wechselerkrankung mit ihren biochemischen Grundlagen im Sinne einer Medizin als Biowissenschaft(!) und ihren klinischen Folgen, wie Glukoseintoleranz, Diabetes mellitus Typ 2, Insulin- und Leptinresistenz, Hypertonie, kardiovaskuläre Schäden, Dyslipidämie, Lebererkrankungen, chronische Niereninsuffizienz und auch Tumorerkrankungen, grundlegend dargestellt. Die Prägung eines gesunden Ernährungs- und Lebensstils von Kindern ist jedoch ohne wirksame Armutsbekämpfung und eine verbesserte Bildung nicht durchsetzbar. Themen zur pränatalen Therapie des Adrenogenitalen Syndroms (AGS), zur Anorexie und Bulimie, zur Fertilitätsprotektion bei Mädchen, rechtzeitigen Diagnose der Pubertas praecox und zur Jungenmedizin wurden ebenso lebhaft diskutiert.

Sexualität und Gewalt

Im Vortrag „Sexualität und Gewalt“ wurden die Unterschiede zwischen gewalttätiger Sexualität (Ziel ist die Durchsetzung sexueller Vorstellungen/Mittel ist die Gewalt) und sexualisierter Gewalt (Gewalt, welche mittels Sexualität ausgeübt wird) dargestellt. Diese Unterscheidung ist notwendig für Präventionsmaßnahmen, weil sie unterschiedliche Interventionsbereiche zu erkennen hilft. Bei der daraus resultierenden gewaltpräventiven Arbeit kann von zwei Seiten in den Opfer-Täter-Kreislauf eingegriffen werden.

Diskussionen im Bereich Diagnostik und Therapie

Diagnostik und Therapie beschäftigten sich auf dem Berliner Symposium mit Empfehlungen zur Therapie des Hypogonadismus in der Pubertät und Adoleszenz zur Einleitung und Unterstützung der Pubertätsentwicklung ebenso, wie mit der Frage, ob Mädchen mit PCO immer übergewichtig sein müssen. Es wurden Alternativen zur operativen Therapie bei definierten genitalen Fehlbildungen und Brustentwicklungsstörungen vorgestellt, über feminisierende Ovarialtumoren in der Differenzialdiagnose der Pubertas praecox berichtet und über die Besonderheiten von Borderline-Tumoren des Ovars diskutiert.

Nachsorge und Vorsorge starteten mit Ergebnispräsentationen einer klinischen Evaluationsstudie über Störungen der Geschlechtsentwicklung (DSD), über Bewältigungsmuster, Körperbild und Sexualität der betroffenen Jugendlichen. Probleme der Turner-Patientin in der gynäkologischen Praxis wurden ebenso wie Untersuchungen zur Entscheidungsfindung sowie Outcome nach Schwangerschaftsabbrüchen bei minderjährigen Jugendlichen im Auditorium lebhaft diskutiert. Mit Themen zur Kontrazeption, Sexualität und Fertilität bei chronisch kranken Mädchen, dem Ergebnis einer internationalen Studie zur Jugendsexualität und zum Problem der Mutilation auch in Deutschland wurde das Symposium beendet. Unter dem Topic „Freie Vorträge“ wurden besondere Fälle durch vorwiegend jüngere Kolleginnen in guter Qualität vorgetragen. Zwei Lunchsymposien beschäftigten sich mit Fragestellungen zur Menstruation und Kontrazeption.

Bericht zur Mitglieder- und Wahlversammlung der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgyänkologie e.V. am 24. April 2009 in Berlin