Fort- und Weiterbildung

Abstracts des Münchener Symposiums für Kinder- und Jugendgynäkologie
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Arbeitsgemeinschaft vom 23. bis 25. Oktober 2003, Frauenklinik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Der besondere Fall

Rudimentäre Uterusanlage beim Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom: Symptomatik – Diagnostik – Therapie

Wir berichten im Folgenden über eine mittlerweile 22-jährige Patientin, welche sich im Alter von 17 Jahren wegen primärer Amenorrhoe erstmalig bei uns vorstellte. Klinisch und sonographisch konnte die Verdachtsdiagnose eines Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndroms bestätigt werden.

Neben unauffäligen Ovarien fand sich an der rechten Beckenwand eine ovaläre, echogene Struktur von 22 mm Länge ohne Nachweis eines Endometriumechos, einer rudimentären Uterusanlage entsprechend. Zum damaligen Zeitpunkt war die Patientin beschwerdefrei, es bestand kein Kohabitationswunsch. Bei der Wiedervorstellung zwei Jahre später berichtete die Patientin, regelmäßige Kohabitationen zu haben, klagte allerdings über zyklische krampfartige Unterbauchschmerzen alle vier bis fünf Wochen.

Der Untersuchungsbefund zeigte eine normal lange, gut dehnbare Vagina, wobei dieser Zustand allein durch Frank’sche Dehnung mit einem 2,5 x 8 cm großen Vaginaldilatator bzw. durch regelmäßigen Geschlechtsverkehr erreicht worden war.

Sonographisch fand sich das Uterusrudiment deutlich vergrößert, außerdem konnte ein hoch aufgebautes Endometrium dargestellt werden. Es erfolgt die Durchführung einer Pelviskopie mit dem Ziel der Entfernung der rudimentären Uterusanlage.

Dabei stellte sich folgender Situs dar: An der rechten Beckenwand ein gut mobiles Corpus uteri von 4 cm Länge mit unauffälliger Adnexe. Nach transmuraler Injektion von Indigocarminlösung in das Cavum uteri erfolgte prompter Übertritt von Blau in die Tube sowie in die freie Bauchhöhle. Auf die Entfernung der Uterusanlage wurde verzichtet, da die Patientin präoperativ den Wunsch geäußert hatte, jede kleinste Chance für eine mögliche Schwangerschaft wahrnehmen zu wollen. Mit der Ruhigstellung des Endometriums durch Depo-Clinovir ist die Patientin seit zwei Jahren vollkommen beschwerdefrei.

Zur Diskussion steht nun die Frage, ob und in welcher Weise und mit welchen Risiken eine Schwangerschaft angestrebt werden kann. Morphologisch und funktionell entspricht der momentane Zustand dem einer angeborenen Zervixdysplasie, bei welcher viele Autoren zu einer frühzeitigen Hysterektomie raten, da die Versuche einer operativen Kanalisierung des verschlossenen Corpus uteri mit Anschluss an das Scheidenende fast nie zum Erfolg führten und mit erheblichen Risiken verbunden sind: Das Fehlen der Zervixdrüsen führt zum Mangel an Zervixschleim, welcher wiederum für den Spermientransport unerlässlich ist. Die fehlende Zervix als Infektionsbarriere mit der Gefahr der Pelvioperitonitis und möglichem Verlust der Ovarien erscheint weit gravierender.

Andererseits wird über geglückte Schwangerschaften nach Zervixamputation im Zusammenhang mit Zervixkarzinomen berichtet. Ein völlig anderer Therapieansatz geht in Richtung Reproduktionsmedizin mit der Frage, ob durch In-vitro-Fertilisation realistische Chancen für eine Schwangerschaft bestehen.

Des Weiteren muss gefragt werden, wie groß das Risiko für eine Uterusruptur bei Schwangerschaften in einem rudimentären Uterus eingeschätzt werden muss.

Wir würden diesen Fall gerne im Expertenkreis diskutieren. Die entsprechende Literaturübersicht werden wir vorstellen.

Dr. med. G. Buck, F. Flock und R. Kreienberg, Universitäts-Frauenklinik Ulm