Fort- und Weiterbildung

Abstracts des Münchener Symposiums für Kinder- und Jugendgynäkologie
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Arbeitsgemeinschaft vom 23. bis 25. Oktober 2003, Frauenklinik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Dr. med. Andrea Haerty, München

Schwangerschaft bei Jugendlichen: Erfahrungen aus Großhadern – Internationaler Vergleich

Schwangerschaften bei Mädchen zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr zeigen in Deutschland nach wie vor eine steigende Tendenz. Die Rate der Schwangerschaftsabbrü-che steigt noch immer stetig an: von 3,6% im Jahre 1996 auf 5,7% im Jahre 2002 (vorläufige Zahlen, Statistisches Bundesamt Wiesbaden, 2003). Die Zahl der Geburten bei unter 18-Jährigen bleibt in Deutschland mit ca. 5 000 pro Jahr seit etwa 20 Jahren gleich hoch (BZgA).

Trotz intensiver Aufklärungsarbeit durch das Elternhaus, in den Schulen und durch die Medien ist das Wissen der Jugendlichen über Sexualität, geeignete Verhütungsmethoden, den Schutz vor Erkrankungen und den Erhalt der reproduktiven Fähigkeit noch nicht gut genug. Die mit der Behandlung Jugendlicher betrauten Ärzte haben die wichtige Aufgabe, die Jugendlichen zu den genannten Themen zu beraten.

Die Betreuung und Begleitung jugendlicher Schwangerer erfordert eine hohe Sensibilität, ebenso wie Kenntnisse über Besonderheiten und Behandlungsmaßnahmen bei minderjährigen Schwangeren, die sich zum Austragen des Kindes entschlossen haben. Wie hoch der Anteil der jugendlichen Schwangeren und Gebärenden am Gesamtpatientinnenkollektiv der Frauenklinik im Klinikum Großhadern ist, war Gegenstand einer retrospektiven Analyse der Daten aus den Jahren 1989 bis 2002.
Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, ob sich die Schwangerschafts- und Geburtsverläufe sowie die kindlichen Daten von denen eines vergleichbaren Kollektivs älterer Erstgebärender unterscheidet und ob unsere Erfahrungen und Ergebnisse mit denen anderer internationaler Ergebnisse vergleichbar sind.

Zu diesem Zwecke wurden die geburtshilflichen und kindlichen Daten aller jugendlicher Schwangeren bis zum 18. Lebensjahr mit denen eines Kollektives entsprechend fünf und zehn Jahre älterer Erstgebärender verglichen. Es handelte sich bei dem untersuchten Kollektiv ausschließlich um Einlingsschwangerschaften. Das retrospektiv erhobene Datenmaterial umfasste 46 jugendliche Patientinnen, die mit 92 Kontrollpatientinnen verglichen werden konnten. Die Daten wurden aus der internen Datenbank der Frauenklinik im Klinikum Großhadern und anhand der Geburtenbücher erhoben. Der jeweilig registrierten jugendlichen Patientin wurde die im Geburtenbuch nachfolgende fünf und zehn Jahre ältere Erstgebärende zugeordnet. Bei ca. 1300 Geburten pro Jahr wurden im Durchschnitt drei jugendliche Schwangere unter 18 Jahren entbunden. Dies entspricht einem Anteil an den Geburten von 0,2 %. Die jungste Patientin war bei der Geburt ihres Kindes 14 Jahre alt.

Schwangerschaftskomplikationen, vorzeitige Wehentätigkeit, Frühgeburtlichkeit und Gestosen traten bei den Jugendlichen nicht häufiger auf. Es ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede bezüglich Schwangerschaftsdauer, Geburtsmodus und Lageanomalien. Die kindlichen Daten unterschieden sich nicht hinsichtlich Geburtsgewicht, APGAR und Vitalitätskriterien. Ebenso wurden kindliche Fehlbildungen nicht vermehrt festgestellt. Probleme in der Postpartalperiode traten nicht häufiger auf als bei den vergleichbaren älteren Patientinnen. Selbst Terminunklarheiten waren in beiden Gruppen gleich häufig.

Betrachtet man ausschließlich die von uns erhobenen nüchternen objektiven Daten aus dem Kollektiv entbundener jugendlicher Erstgebärender, so können wir keine statistisch signifikanten Unterschiede zu vergleichbar älteren Schwangeren erheben. Die in der Literatur vielfach angegebene Häufung von Gestosen und Frühgeburtlichkeit bei jungen Schwangeren konnten wir in unserem kleinen Kollektiv nicht nachweisen.

Die Betreuung und Begleitung dieser jungen Menschen erfordert in der für sie meist schwierigen sozialen Situation trotzdem ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz, an Einfühlungsvermogen und die Möglichkeit einer engmaschigen Kontrolle, um gemeinsam mit dem Umfeld alle Optionen für eine wenig traumatisierende Entbindung und Wochenbettsituation zu schaffen.

Dr. med. A. Haerty, S. Anthuber, U. Hasbargen, C. Huber und H. Hepp,
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, 
Klinikum der Universität München-Groshadern